Selbstbewusst gegen Nazis auftreten, aber bitte nicht mit Arglosigkeit!

Am 25. August wollen tausende Neonazis in Mattstedt im thüringischen Landkreis Weimarer Land ein Rechtsrock-Konzert der Superlative unter dem Motto „Rock gegen Überfremdung“ feiern. Bereits im vergangenen Jahr fand in Themar das größte Neonazi-Konzert in der Geschichte der Bundesrepublik mit fast 6000 Nazis statt. Die gleiche Dimension wird auch für Mattstedt erwartet und erscheint nach derzeitigen Erkenntnissen realistisch. Dabei haben Beobachtungen in Themar deutlich gemacht, welche Bedeutung diese Konzerte über die Musik hinaus für die international organisierte Neonaziszene haben. Es kann davon ausgegangen werden, dass auch das Konzert in Mattstedt für die Vernetzung von gewaltbereiten und militanten Neonazistrukturen genutzt wird und ein entsprechendes Milieu als Zielgruppe besonders anspricht. Erst kürzlich berichtete die Recherchegruppe EXIF ausführlich über „Combat 18“, eine militante Neonaziorganisation, die in der Vergangenheit durch terroristische Anschläge aufgefallen ist. Diese Organisation ist nicht nur nach wie vor aktiv, sondern auch bestens in der Thüringer Neonaziszene vernetzt. Eine Szene aus dem der NSU hervorgegangen ist und die dessen Morde bis heute glorifiziert.

Ein Bündnis aus zivilgesellschaftliche Initiativen und Anwohner_innen des kleinen Ortes Mattstedt plant seit geraumer Zeit unter dem Aufruf „Wir für Mattstedt“ gemeinsam verschiedene Protestaktionen, um dem menschenfeindlichen Charakter der Nazi-Veranstaltung ein demokratisches Signal entgegenzusetzen. Dieses Bündnis ist natürlich auf Unterstützung von möglichst vielen Menschen angewiesen, damit das Signal auch Wirkung hat. Wer vor hat sich dem Aufruf anzuschließen und nach Mattstedt reisen möchte, sollte sich aber vorher mit den Risiken einer solchen Reise auseinandersetzen und sein Engagement gewissenhaft planen. Das betrifft vor allem Menschen mit Migrationshintergrund, geflüchtete Menschen, politisch aktive Personen und Journalist_innen, die vorzugsweise im Fokus von gewaltbereiten Nazis stehen. Erfahrungsgemäß besteht die größte Gefahr bei der An- und Abreise zu Gegenveranstaltungen, denn Neonazis nutzen in der Regel die gleichen Reiserouten wie Gegendemonstrant_innen. Dabei einzig auf die schützende Anwesenheit der Polizei zu vertrauen, ist leider kein guter Ratgeber wie mehrere Vorfälle in den letzten Jahren belegen. Beispiel 1. Mai 2015: Damals konnte eine Gruppe von ca. 80 Nazis ungehindert und ohne Polizeibegleitung vom Bahnhof in die Innenstadt laufen und Teilnehmer_innen der Gegenveranstaltungen mit äußerster Brutalität angreifen. Es ist daher sinnvoll, sich vorher über aktuelle Möglichkeiten zur An- und Abreise zu informieren und unter keinen Umständen alleine oder in kleinen Gruppen unterwegs zu sein. Sollte dies nicht möglich sein, dann ist die Kontaktaufnahme zu dem Bündnis des Gegenprotests wichtig, um eine sichere Beteiligung an den Protestaktionen zu gewährleisten. Für Informationen und Nachfragen: https://www.facebook.com/wirfuermattstedt/

Die Neonazis werden am 25. August leider aller Vorrausicht nach in der Mehrheit sein. Wenn an diesem Tag eine potenzielle Gefahr für die körperliche Unversehrtheit besteht, dann ist es die Gefahr von Nazis beleidigt, bedroht oder körperlich angegriffen zu werden. Deshalb bitte nicht arglos nach Mattstedt fahren! Das heißt: aktuelle Kenntnis über die Situation vor Ort und der Planung des Bündnisses einholen, sich Gruppen anschließen und dann gut vorbereitet starten und wieder zurück nach Hause fahren.

Danke und viel Erfolg!