Prozessauftakt zu Neonazi-Angriffen am 1. Mai 2015 in Saalfeld – Pfefferspray-Attacke auf Solidaritätskundgebung vor Amtsgericht Rudolstadt

Im Zusammenhang mit der Neonazi-Demonstration am 1. Mai 2015 in Saalfeld hat eine größere Gruppe von Anhänger*innen der neonazistischen Partei „Der Dritte Weg“ drei Personen in der Saalfelder Innenstadt brutal angegriffen. Gestern, am 23. April 2018, wurde, nach fast drei Jahren, der Prozess gegen zwei Beschuldigte am Amtsgericht in Rudolstadt eröffnet. Die beiden Angeklagten müssen sich nun wegen des Vorwurfs der gefährlichen Körperverletzung verantworten.

Am Tag der Demonstration war eine Personengruppe von etwa 80 schwarz gekleideten Neonazis ohne Polizeibegleitung auf dem Weg vom Bahnhof zu ihrem Versammlungsort. Auf der Höhe des Wahlkreisbüros Haskala in der Saalstraße kam es zu einem tätlichen Angriff aus der Gruppe heraus. Er richtete sich gegen zwei Männer und eine Frau, die von den Nazis als Punks identifiziert wurden. Dazu erklärt Christina Büttner, Projektkoordinatorin und Beraterin bei ezra: „Der Angriff gegen die Betroffenen geschah völlig unvermittelt. Dabei wurden zwei junge Männer von den Neonazis schwer verletzt und leiden auch noch heute unter den Folgen des Angriffs. Es ist einem Augenzeugen, der die Polizei rief, zu verdanken, dass ein weitaus schlimmerer Ausgang ausblieb.“

Nach drei Jahren fand gestern nun der Prozessauftakt gegen zwei Beschuldigte statt. Vorgeworfen wird ihnen gefährliche Körperverletzung. Das gemeinschaftliche Handeln, an dem mutmaßlich mehr als zwei Täter*innen beteiligt waren, hat in der Anklage wenig Berücksichtigung gefunden.

Besonders die Aussagen eines Soziologen, der das Versammlungsgeschehen am 1. Mai beobachtet hatte und die eines Polizeibeamten, der in Saalfeld im Einsatz war, legen den Schluss nahe, dass die Gruppe gut organisiert und geplant handelte. So sei die Gruppe bei ihrem Eintreffen am Versammlungsort des „Dritten Wegs“ als „unsere Freunde vom schwarzen Block“ begrüßt worden und während der Demonstration geschlossen und organisiert aufgetreten, sagt der Polizeibeamte in seiner Zeugenaussage.

„Die Betroffenen erwarten, dass im Prozess das politische Motiv der Tat beleuchtet und bei der Urteilsfindung berücksichtigt wird und dass alle Beteiligten zur Verantwortung gezogen werden.“ betont Christina Büttner.

Kurz nach Beendigung des ersten Prozesstages griff ein Neonazi Teilnehmer*innen der Solidaritätskundgebung für die Betroffenen mit Pfefferspray an. Die Polizei nahm sofort die Ermittlungen auf. Verletzt wurde glücklicherweise niemand. „Es ist erschütternd, dass Menschen, die sich mit Betroffenen rechter Gewalt solidarisieren, selbst zum Angriffsziel werden.“ sagt Christina Büttner.

Die Betroffenen haben sich entschlossen, sich dem Verfahren als Nebenkläger*innen anzuschließen. Da alle Anträge auf Kostenübernahme der Nebenklagevertretung vom Gericht abgelehnt wurden, bittet ezra um Spenden zur Unterstützung der Bertoffenen bei der Finanzierung der Anwaltskosten:

Spendenkonto Opferberatung

IBAN: DE60 5206 0410 0008 004820
BIC: GENO DEF 1EK1
Bank: Ev. Kreditgenossenschaft e.G.
Stichwort: Saalfeld 1. Mai 2015

Der Prozess wird am 14. Mai 2018 am Amtsgericht Rudolstadt fortgesetzt.

ezra arbeitet in Trägerschaft der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM). Seit April 2011 unterstützt die Beratungsstelle Menschen, die angegriffen werden, weil Täter*innen sie einer von ihnen abgelehnten Personengruppe zuordnen. Finanziert wird die Opferberatungsstelle über das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ und das Thüringer Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit „DenkBunt“.