Zwei Journalisten sind am 29. April in Fretterode im thüringischen Eichsfeld bei Recherchen im Wohnumfeld des Neonazis und NPD-Funktionärs Thorsten Heise brutal angegriffen worden. „Obwohl Fotos der Täter und des Tatortes vorliegen und die beiden angegriffenen Journalisten schon am Tag des Angriffs eine Aussage bei der Polizei gemacht haben, sind die Täter weiterhin auf freiem Fuß. Es verwundert, dass noch kein Täter in Untersuchungshaft genommen wurde“, kritisiert Theresa Lauß, Beraterin bei ezra. Die Journalisten hatten zu Recherchezwecken Foto- und Filmaufnahmen des Grundstücks angefertigt, auf dem regelmäßig Neonazitreffen stattfinden, als zwei Männer aus dem Wohnhaus Heises stürmten und die beiden zunächst zu Fuß und dann mit dem Auto verfolgten. Als die Angreifer die Journalisten auf der Landstraße einholten, attackierten sie diese mit Messer und Schraubenschlüssel. Die betroffenen Journalisten trugen dadurch erhebliche Verletzungen davon. Doch trotz des schwerwiegenden Angriffs befinden sich die Täter weiterhin auf freiem Fuß; die Staatsanwaltschaft hat entgegen der üblichen Praxis keinen Haftbefehl beantragt.
Die Opferberatung ezra registriert schon seit Jahren eine Brutalisierung der Angriffe durch Neonazis auf Journalisten. Durch die hohe Gefährdung wird es zunehmend schwieriger, zu Neonazistrukturen und Akteur*innen zu recherchieren und darüber zu berichten. „Lediglich eine konsequente Strafverfolgung der Polizei und Staatsanwaltschaft kann die Pressefreiheit an dieser Stelle gewährleisten“, betont Theresa Lauß.
Die Nähe der Angreifer zu Neonazi Thorsten Heise wirft die Frage auf, inwiefern und ob der einschlägig vorbestrafte Heise in den Tatzusammenhang involviert war oder sogar Waffen zur Verfügung gestellt haben könnte. „Der Einsatz von Waffen, der in diesem Fall den Straftatbestand der versuchten Tötung erfüllt, muss konsequent geahndet und Beweise gesichert werden“, so Lauß weiter. „Unsere Solidarität ist bei den angegriffenen Journalisten und allen, die durch ihre Arbeit einen maßgeblichen Teil der Aufklärungsarbeit über neonazistische Strukturen leisten.“
Thorsten Heise ist kein Unbekannter, als Kader der verbotenen FAP und Person aus dem mutmaßlichen Umfeld des NSU-Unterstützerkreises, ist er wegen Körperverletzungsdelikten einschlägig vorbestraft. Zuletzt betonte er seine Vormachtstellung in militanten Neonazistrukturen als Organisator des Rechtsrock-Festivals „Schild und Schwert“ und der NPD-Demonstration am 1. Mai 2018 in Erfurt.
ezra arbeitet in Trägerschaft der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM). Seit April 2011 unterstützt die Beratungsstelle Menschen, die angegriffen werden, weil Täter*innen sie einer von ihnen abgelehnten Personengruppe zuordnen. Finanziert wird die Opferberatungsstelle über das Bun-desprogramm „Demokratie leben!“ und das Thüringer Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit „DenkBunt“.