Pressemitteilung Nebenklage: Prozessauftakt – Angeklagte provozieren mit Naziparolen

In dem beim Landgericht Erfurt heute eröffneten Strafprozess wegen eines brutalen Angriffes auf eine Veranstaltung der Kirmesgesellschaft Ballstädt haben die fünfzehn Angeklagten zum Prozessaufakt durch eindeutige T-Shirts und offen getragene Tätowierungen keinen Hehl aus ihrer fortbestehenden Nazi-Ideologie gemacht. „Mit ihrem Auftreten durch eindeutige Kleidungsstücke sowie Tätowierungen stellten die Angeklagten ihre Ideologie erneut für alle sichtbar zur Schau.Die Angeklagten gehören zum harten Kern der Thüringer Neonazi-Szene.“ so der Nebenklagevertreter Rechtsanwalt Maik Elster.

Die Verteidiger stellten unmittelbar nach Beginn der Verhandlung erwartungsgemäß Befangenheitsanträge gegen die Kammer. Hintergrund der Anträge war, dass ihren Wünschen um Beiordnung weiterer Verteidiger und Terminsverlegungen vom Gericht nicht entsprochen wurde und mehrere verletzte Personen mit ihren RechtsanwältInnen als Nebenkläger zugelassen worden sind. Dazu Rechtsanwalt Sven Adam: „Es handelt sich um ein übliches Manöver bei derart großen Prozessen, hier allerdings ohne große Erfolgsaussichten und lediglich mit einem Verzögerungseffekt.“. Der erste Termin vom heutigen Tag wurde nach den Befangenheitsanträgen daher strafprozessual korrekt auch unterbrochen.

Eine Gruppe von mindestens 15 Nazis hatten in der Nacht zum 09.02.2014 eine lokale Feier der Kirmesgesellschaft überfallen und äusserst brutal zahlreiche Personen zum Teil schwer verletzt. Die Täter hatten ohne erkennbaren Grund und Vorwarnung auf die Anwesenden eingeschlagen und diese zum Teil noch verfolgt. Dabei wurden auch gefährliche Werkzeuge als Schlagwerkzeuge eingesetzt. Es war reiner Zufall, dass dabei keine noch schlimmeren Verletzungen verursacht worden sind. Aus Sicht der Nebenklage käme hier auch eine Anklage wegen versuchter Tötung in Betracht, weil die Schläge und Tritte objektiv lebensgefährlich waren.

Dazu Rechtsanwalt Rasmus Kahlen, Nebenklagevertreter: „Vor dem Hintergrund der Brutalität der Tat erscheint es als reiner Zufall, dass bei dem Angriff keiner der Geschädigten tödlich verletzt worden ist. Durch den Überfall sollten ganz offenbar all jene mundtot gemacht werden, die nicht in das rechte Weltbild der Täter passten. Das brutale, abgesprochene Vorgehen ist getragen vom Hass gegen Andersdenkende und zeigt deutlich die Organisiertheit der Naziszene.“

Zum heutigen Prozessauftakt kündigten nahezu alle Angeklagten an, nicht zur Aufklärung der Tat beitragen und von ihrem Schweigerecht Gebrauch machen zu wollen. Dazu RAin Kristin Pietrzyk: „Selbstverständlich ist es den Angeklagten überlassen, zu schweigen. Es symbolisiert jedoch, dass bisher keiner von ihnen bereit ist, sich von diesem rechten Angriff zu distanzieren und an der Aufklärung mitzuwirken.“

Die Angeklagten sind teilweise erheblich wegen Gewaltdelikten vorbestraft und gelten als äusserst gewaltbereit. Teile der Angeklagten treten regelmäßig als agressive Gruppe auf. Aus dem Umfeld der Gruppe werden rechtsextremistische Veranstaltungen und Konzerte organisiert. Auf diese Weise versucht die Gruppe offensichtlich, die Region zu einer „national befreiten Zone“ zu machen und gegen alle potentiellen Gegner Terror zu verbreiten.

Die Nebenkläger erwarten hinsichtlich der angeklagten Taten, dass die Angeklagten zu Haftstrafen verurteilt werden. Dazu Rechtsanwalt Alexander Hoffmann: „Den Angeklagten ist offenbar immer noch nicht bewusst, was in diesem Verfahren auf dem Spiel steht. Für einen solchen brutalen gemeinschaftlichen Angriff ist jedenfalls eine Freiheitsstrafe von weit über drei Jahren für die Beteiligten zu erwarten.“