AfD verharmlost rassistisch motivierte Gewalt

Am 7. Dezember 2017 hatte eine Gruppe mutmaßlicher Rechtsextremer auf dem Arnstädter Weihnachtsmarkt Betreiber und Mitarbeiter eines Bratwurststandes beleidigt und den Mitarbeiter des Standes daraufhin tätlich angegriffen. Die Gruppe hatte den Mitarbeiter angegriffen, da er als „Nicht-Deutscher auf einem christlich-deutschen Weihnachtsmarkt Bratwürste brät“, so der Polizeisprecher. Zu diesem rassistisch motivierten Angriff auf den aus Syrien stammenden Mitarbeiter äußerte sich letzte Woche öffentlich auch der AfD-Abgeordnete des Thüringer Landtags Olaf Kießling und der AfD-Kreisverband Ilmkreis-Gotha auf deren Facebook-Seite. In dieser Stellungnahme wird der Angriff zwar verurteilt, jedoch im gleichen Atemzug verharmlost, indem von einer „Überhöhung dieses Einzelfalles“ die Rede ist. Hierzu erklärt Michael Karpf, Berater bei ezra – der mobilen Beratung für Opfer rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt in Thüringen:

„Die Verharmlosung des Angriffs auf den Mitarbeiter des Weihnachtsmarktstandes in Arnstadt findet genau in dem Moment statt, indem ein konkreter Angriff mit einem offensichtlich rassistisch Tatmotiv als Einzelfall abgetan und von der AfD ins Verhältnis mit dem weltweit grassierenden islamistischen Terrorismus gesetzt wird. Statt sich entschieden gegen rassistische Gewalt zu positionieren, sollen mit dem Verweis auf einen vermeintlichen Einzelfall die Tathintergründe der Täter und die in der Gesellschaft weit geteilten rassistischen Vorurteile heruntergespielt werden. Einer Partei wie der AfD, die sich scheinbar klar gegen den islamistischen Terror positioniert und ihn nicht als legitime Ursache für Flucht anerkennt, nutzt die Kritik am Islamismus nur für die eigenen Zwecke. In diesem Fall geht es um die Verharmlosung und Legitimierung einer offensichtlich rassistisch motivierten Straftat.“

Im Jahr 2015 und 2016 wurden laut der Statistik der Opferberatungsstelle 157 Angriffe mit rassistischem Tatmotiv in Thüringen verzeichnet. Damit stellt Rassismus das häufigste Tatmotiv dar. Betroffen von den Angriffen sind in vielen Fällen Geflüchtete, weil sie einerseits im rassistischen Bild der Täter*innen scheinbar leichter zu identifizieren und andererseits durch die oftmals zentrale Unterbringung auch einfacher örtlich zugänglich sind.

„Im Ilmkreis und Landkreis Gotha sind für die Jahre 2015 und 2016 allein 16 Angriffe mit rassistischem Tatmotiv nachweisbar. Gleichzeitig dürfte dem Kreisverband der AfD unser jährliches Monitoring nicht entgangen sein, mit dem wir auf die Kontinuität rassistischer Gewalt in Thüringen aufmerksam machen. Weiterhin von einem Einzelfall zu sprechen, erscheint deshalb als falsch. Vielmehr findet hier eine gezielte Verharmlosung und Legitimierung des konkreten Angriffes in Arnstadt und eine Unsichtbarmachung der anderen Fälle statt“, so der Mitarbeiter der Beratungsstelle.

Abschließend macht Karpf deutlich: „Unsere Solidarität gilt den Betroffenen, die in Folge von rechter Hetze angegriffen, bedroht und beleidigt werden. Dazu gehört auch das Ernstnehmen der Perspektive der Betroffenen. Gerade das ausbleibende ‚Entsetzen’, wie es von Kießling und dem Kreisverband der AfD gefordert wird, ist falsch. Denn es macht deutlich, dass solche Angriffe nicht als normal angesehen und einfach hingenommen werden dürfen.“

ezra arbeitet in Trägerschaft der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM). Seit April 2011 unterstützt die Beratungsstelle Menschen, die angegriffen werden, weil Täter*innen sie einer von ihnen abgelehnten Personengruppe zuordnen. Finanziert wird die Opferberatungsstelle über das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ und das Thüringer Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit „DenkBunt“.