Opferberatung ezra fordert weitere Aufklärung sowie Anerkennung und Entschädigung für Betroffene rechter Gewalt

Eine lückenlose Aufklärung von Fällen rechter Gewalt, welche in der Vergangenheit aufgrund des Versagens staatlicher Behörden nicht ermittelt werden konnten – das fordert die Opferberatungsstelle ezra anlässlich der Behandlung des Berichts des „NSU“-Untersuchungsausschusses am heutigen Freitag (22.8.) im Thüringer Landtag. Die Betroffenen sollten mindestens als Opfer rechter Gewalt anerkannt und entschädigt werden.

„Der Bericht wirft Fragen nach Fällen auf, die nicht zur Aufklärung gekommen sind. Diese richten sich insbesondere für die 1990er Jahre an die Sicherheits- und Justizbehörden: Wo wurde weggeschaut, verharmlost oder auf die lange Bank geschoben? Wo wurden rechte Straftäter als Informanten geschützt?“, so Jürgen Wollmann, Projektkoordinator von ezra, mobile Beratung für Opfer rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt in Thüringen. Nachzugehen sei beispielsweise dem Verdacht des Ausschusses, bei V-Mann Tino Brandt sei Einfluss auf Ermittlungsverfahren genommen worden.

Der Freistaat müsse dafür sorgen, dass mit einer weiteren Aufklärung auch die Opfer rechter Gewalt förmlich anerkannt und entschädigt werden. „Eine fehlende Anerkennung von Betroffenen als Opfer rechter Gewalt kann psychische Folgen weiter verstärken. Dies kann fatalere Folgen haben als der eigentliche Angriff“, so Wollmann. Sollte es Betroffene geben, die nicht zu ihrem Recht kommen können, müsse sich mindestens bei diesen für das massive Versagen staatlicher Behörden entschuldigt werden.

Die Untersuchungen von Seiten des Landtages sollten auch in der nächsten Legislaturperiode fortgesetzt werden. Hier sei gute und notwendige Arbeit geleistet worden, würdigt Wollmann. Am ersten September stellt ezra die Ergebnisse der Studie „Die haben uns nicht ernst genommen. Erfahrungen von Betroffenen rechter Gewalt mit der Polizei“ vor. Abgeleitet werden hieraus Empfehlungen für die Sicherheitsbehörden. Dies wird auch als Beitrag zur aktuellen Debatte verstanden.

Seit Jahren treten Initiativen und Opferberatungsstellen für die Anerkennung zahlreicher Todesopfer rechter Gewalt ein, die unter anderem von unabhängigen Stellen wie der Amadeu Antonio Stiftung recherchiert wurden und von denen nur ein Bruchteil von staatlicher Seite anerkannt wurden. In Thüringen ist bislang erst ein Todesopfer rechter Gewalt von insgesamt acht anerkannt.