Angriff auf Teilnehmerin des CSD 2019 in Erfurt vor Gericht: Opferberatung ezra fordert Anerkennung des rechten Tatmotives und eindeutiges Signal an den Täter

Am Mittwoch, dem 17. Juni findet am Amtsgericht Erfurt der Prozess wegen eines tätlichen Angriffs auf eine Teilnehmerin des Christopher Street Day im August 2019 in Erfurt statt. Der Täter muss sich wegen Körperverletzung verantworten.

„Die gezielten Beleidigungen und Bedrohungen gegen einige Teilnehmer*innen des CSD machen deutlich, dass diese Angriffe nicht zufällig passierten, sondern aus einer politisch rechten Tatmotivation heraus. Wir erwarten, dass dies vom Gericht thematisiert und bei der Strafzumessung berücksichtigt wird“, erklärt Theresa Lauß, die zuständige Beraterin bei ezra, der Beratung für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt in Thüringen. Der Täter ordnete die Demonstrationsteilnehmer*innen einer von ihm abgewerteten Gruppe zu und sah verbale und körperliche Angriffe als legitimes Mittel zur politischen Meinungsäußerung.

„Hier braucht es ein klares Signal an den Täter, dass solche Angriffe nicht ohne Konsequenzen bleiben. Für die Betroffene ist eine Anerkennung ihrer Perspektive unumgänglich, um das Verfahren zu einem angemessenen Abschluss zu bringen“, so Lauß weiter. Dazu gehöre es auch, „der Öffentlichkeit den Zutritt zum Gerichtssaal zu gewähren und eine solidarische und kritische Prozessbeobachtung zu ermöglichen.“

Hintergrund:

Zur damaligen Demonstration zogen etwa 3.000 Menschen durch die Stadt, um für die Selbstbestimmung der LGBTIQA*-Community einzutreten und Klimagerechtigkeit, Antirassismus und Antinationalismus zu thematisieren. Eine Gruppe Männer, die einem Junggesellenabschied zuzuordnen war, nahm die Demo zum Anlass, zunächst einige Demonstrant*innen aufgrund ihrer Teilnahme am CSD zu beleidigen und diese dann mit Glasflaschen zu bedrohen und zu schubsen. Eine Ordnerin, die deeskalieren wollte, wurde daraufhin aus der Tätergruppe heraus attackiert. Als sich eine Teilnehmerin mit den Betroffenen solidarisierte, bekam sie von einem Angreifer einen Faustschlag ins Gesicht, der an diesem Mittwoch am Amtsgericht verhandelt wird.

Aufgrund der Situation um COVID-19 wird es verstärkte Kontrollen und Einlassbeschränkungen vor Prozessbeginn geben. Für Personen, die aufgrund dessen nicht an der Verhandlung teilnehmen können, findet eine Kundgebung vor dem Gerichtsgebäude statt.

Der morgen verhandelte Übergriff, der sich im Rahmen des CSD ereignete, war nur ein Fall von insgesamt 31 rechten, rassistischen und antisemitischen Angriffen, den die Opferberatung 2019 für die Landeshauptstadt Erfurt registrierte. ezra arbeitet in Trägerschaft der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM). Seit April 2011 unterstützt die Beratungsstelle Menschen, die angegriffen werden, weil Täter*innen sie einer von ihnen abgelehnten Personengruppe zuordnen. Finanziert wird die Opferberatungsstelle über das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ und das Thüringer Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit „DenkBunt“.