Überprüfung Todesopfer rechter Gewalt: Realitäten und Kontinuitäten erkennen

Nach Mitteilung der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin (HWR) übernimmt dieses in Kooperation mit dem Moses-Mendelssohn-Zentrum (Universität Potsdam) offiziell die wissenschaftliche Überprüfung zu Todesopfern rechter Gewalt seit 1990 in Thüringen. Nachdem der Landtagsbeschluss zur Überprüfung im November 2018 gefasst wurde, sind dreieinhalb Jahre vergangen. „Damit wird eine langjährige Forderung von Engagierten und Gedenk-Initiativen umgesetzt. Es besteht eine gesellschaftliche Verantwortung, rechte Gewalttaten, Tötungen und Morde sichtbar zu machen, sie anzuerkennen und ein würdiges Gedenken zu gestalten“, erklärt Franziska Schestak-Haase, Beraterin bei ezra.
 
Seit Jahren erhebt ezra die Forderung nach einer unabhängigen, wissenschaftlichen Überprüfung von Todesfällen seit 1990 im Freistaat, die im Verdacht stehen, aus einer rechten Tatmotivation heraus begangen worden zu sein. Mittlerweile führt die fachspezifische Opferberatungsstelle 11 Fälle, wovon nur einer staatlich anerkannt ist. Der letzte registrierte und von der Beratungsstelle eingeordnete Fall betrifft Mario K. Dieser starb am 12. Februar 2020 in Altenburg nach einem brutalen Angriff mit homofeindlicher Motivation in seiner Wohnung. „Die tödliche Konsequenz von rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt ist häufig Kern der Angst, welche Betroffene empfinden in Konfrontation mit der brutalen und unvorhersehbaren Gewalt, die sie zielgerichtet trifft. In jedem rechten Angriff ist die Intention der Auslöschung des markierten Anderen inbegriffen. Wir haben es mit einer gesellschaftlichen Kontinuität zu tun“, verdeutlicht Schestak-Haase.
 
In diesem Jahr jährt sich der Tod von Klaus-Peter Kühn (Suhl) am 17. Juni zum zehnten Mal (2012), der Tod von Ireneusz Szyderski (Erfurt-Stotternheim) am 3. August bereits zum dreißigsten Mal (1992). Anliegen der fachspezifischen Opferberatung ist es auch, Initiativen des Gedenkens zu unterstützen und zu vernetzen. Eingang in die Überprüfung finden die wertvollen Perspektiven aus der Zivilgesellschaft über die Besetzung des Projektrates. ezra wird darin eine Vertreterin sein.
 
ezra arbeitet in Trägerschaft der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM). Seit April 2011 unterstützt die Beratungsstelle Menschen, die angegriffen werden, weil Täter*innen sie einer von ihnen abgelehnten Personengruppe zuordnen. Finanziert wird die Opferberatungsstelle über das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ und das Thüringer Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit „DenkBunt“.