PM: Bundesamt für Justiz erkennt extrem rechten Hintergrund von brutalem Neonazi-Angriff in Ballstädt an – Anhörung zur Petition „Keine Deals mit Nazis“ der OMAS GEGEN RECHTS im Thüringer Landtag

Ein Jahr nach dem Urteil im Revisionsverfahren zum brutalen Neonazi-Angriff auf eine Feier der Kirmesgesellschaft in Ballstädt, bei dem elf Menschen zum Teil schwer verletzt wurden, findet nun eine Anhörung zur Petition „Keine Deals mit Nazis“ am 30. Juni ab 17:30 Uhr im Thüringer Landtag statt. Die Anhörung erwirkten die OMAS GEGEN RECHTS Erfurt über die Petitionsplattform des Landtags, indem sie das notwendige Quorum an Unterschriften sammeln konnten. Auf der Petitionsplattform change.org haben fast 50.000 Menschen die Petition unterschrieben. Im Mittelpunkt der Anhörung steht die Verständigung zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und den angeklagten Neonazis im sogenannten Ballstädt-Prozess, die dafür gesorgt hatte, dass von den verhangenen Haftstrafen in erster Instanz nur noch Bewährungsstrafen übrigblieben. Im Vorfeld der Anhörung macht ezra in Absprache mit den Betroffenen öffentlich, dass Anträge bzgl. „Härteleistungen für Opfer extremistischer Übergriffe“ beim Bundesamt für Justiz erfolgreich waren und damit der extrem rechte Hintergrund von der Bundesoberbehörde anerkannt wurde.

Der Projektkoordinator der Thüringer Opferberatungsstelle Franz Zobel erklärt dazu: „Das zeigt umso mehr, dass die im Prozess vertretende Auffassung durch die Vorsitzende Richterin und dem zuständigen Staatsanwalt, dass es sich nicht um eine rechtsmotivierte Tat gehandelt haben soll, auch in Justizkreisen komplett anders bewertet wird. Damit stellt sich erneut die Frage, ob ein Deal, der am Ende für alle Angeklagten Bewährungsstrafen zur Folge hatte, überhaupt möglich gewesen wäre.“ Im Zusammenhang mit der Strafzumessung müssen nach § 46 Abs. 2 Strafgesetzbuch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende Beweggründe und Ziele berücksichtigt werden. Hinzu kommt, dass ein großer Teil der Täter zu der Neonazi-Gruppe „Turonen/Garde 20“ gehört, die wegen Organisierter Kriminalität angeklagt sind. Der Prozess startet morgen am Landgericht Erfurt. Bei erneuten Razzien vor zwei Wochen die weitere Führungspersonen und Unterstützer der Neonazi-Gruppierung betrafen, wurden u.a. auch scharfe Waffen sichergestellt.

„Neben der Nicht-Anerkennung des rechten Tatmotivs und einem Deal mit aktiven und militanten Neonazis, brauchte es zudem acht Jahre, bis eine rechtskräftige Verurteilung der Täter:innen stattfand. Damit ist der Prozess bundesweit zu einem Symbol für das massive Problem der Thüringer Justiz im Umgang mit rechtsmotivierten Straftaten geworden. Es ist den OMAS GEGEN RECHTS Erfurt zu verdanken, dass sich das Thüringer Parlament und die Landesregierung nun der Auseinandersetzung stellen müssen, welche konkreten Maßnahmen sie ergreifen will“, macht Zobel deutlich. In einem gemeinsamen Papier hatten im April dieses Jahres zehn Thüringer Organisationen zahlreiche Maßnahmen vorgeschlagen, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken. Dazu gehört auch die Forderung, dass der Justizminister von seinem Weisungsrecht Gebrauch machen könnte, damit von den Staatsanwaltschaften zumindest keine Verständigungen mit rechtsmotivierten Gewalttäter:innen mehr initiiert werden können.

ezra arbeitet in Trägerschaft der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM). Seit April 2011 unterstützt die Beratungsstelle Menschen, die angegriffen werden, weil Täter*innen sie einer von ihnen abgelehnten Personengruppe zuordnen. Finanziert wird die Opferberatungsstelle über das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ und das Thüringer Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit „DenkBunt“.

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