Am kommenden Samstag, den 16. März ruft ein bundesweites Bündnis zu einer Demonstration gegen rechte Gewalt und Bedrohungen in Eisenach auf, um auf die unerträgliche Situation vor Ort aufmerksam zu machen. In den letzten Tagen war zu beobachten, dass sich Diffamierungen der Demonstrierenden durch verschiedene politische und gesellschaftliche Akteur*innen zuspitzen.
„Wir beraten und begleiten mehr als ein Dutzend von rechter Gewalt betroffene Menschen in Eisenach. Alle verbindet, dass sie sich couragiert der rechten Hegemonie in dieser Stadt entgegenstellen. Dass ausgerechnet diese Menschen und ihre Unterstützer*innen nun im Vorfeld der Demonstration als Bedrohung für die öffentliche Sicherheit dargestellt werden, entspricht nicht der Wirklichkeit, die ich und meine Kolleg*innen hier seit Jahren erleben“, erklärt ezra-Mitarbeiter Robert Friedrich.
Zeitgleich haben Neonazis um den Eisenacher NPD-Fraktionsvorsitzenden Patrick David Wieschke eine eigene Gegenveranstaltung angemeldet, für die laut Medienberichten derzeit mit mindestens 200 Teilnehmer*innen zu rechnen ist. Felix Steiner von der Mobilen Beratung in Thüringen MOBIT schätzt ein: „In Eisenach existiert seit Jahren eine militante extrem rechte Szene. Sie tritt durch Körperverletzungen, Sachbeschädigungen und Propaganda-Delikte permanent in Erscheinung. Außerdem existieren bundesweite Vernetzungen zur rechten Kampfsport- und Fußballszene, die mit einem extrem hohen Gewaltpotential in Erscheinung treten. Genau jenes Spektrum mobilisiert auch für kommenden Samstag nach Eisenach. Es ist daher mit einer extrem hohen rechten Militanz am Wochenende in der Wartburgstadt zu rechnen.“
Nicht nur die Verurteilung zweier stadtbekannter Neonazis vor ein paar Wochen vom Amtsgericht in Eisenach hat gezeigt, dass die Neonazi-Szene vor Ort für gewaltsame Angriffe und Bedrohungen verantwortlich ist. Die Betroffenen rechter Gewalt haben weder Aufmerksamkeit noch Unterstützung aus weiten Teilen der Eisenacher Bevölkerung erfahren. „Ich kann verstehen, dass es am Motto der Demonstration Kritik gibt. Aber wenn für Betroffene in Selbstorganisation eine Demonstration auf die Beine gestellt wird, um sich endlich Gehör zu verschaffen, dann entspricht die öffentliche Verurteilung als „Störenfriede“ einer klassischen Täter-Opfer-Umkehr“, fügt Friedrich hinzu.
Am 16. März schätzt ezra die Gefahr von Neonazis bedroht oder körperlich angegriffen zu werden, für Teilnehmer*innen und Unterstützer*innen am höchsten bei der An- und Abreise zur Demonstration ein. Deshalb werden Mitarbeiter*innen der Opferberatungsstelle vor Ort sein, um im Fall von Angriffen für Betroffene unmittelbar Unterstützung und Hilfe anbieten zu können. Wir sind in der Zeit von 11:00 bis 20:00 Uhr unter 0361-21865133 erreichbar.
ezra arbeitet in Trägerschaft der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM). Seit April 2011 unterstützt die Beratungsstelle Menschen, die angegriffen werden, weil Täter*innen sie einer von ihnen abgelehnten Personengruppe zuordnen. Finanziert wird die Opferberatungsstelle über das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ und das Thüringer Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit „DenkBunt“.