Seit mehr als einem halben Jahr verhandelt das Erfurter Landgericht den rechten Angriff auf eine Kirmesgesellschaft Anfang 2014 in Ballstädt. Für den 29. Juni 2016 hat das Gericht eine Ortsbegehung in Ballstädt angesetzt. Dies bedeutet, dass sämtliche Verfahrensbeteiligten gemeinsam den Tatort und das umliegende Gelände in Augenschein nehmen werden. Somit werden auch die mutmaßlichen Täter*innen an diesem Tag den Ort des brutalen Angriffs erneut betreten.
Damals hatten mindestens 15 teilweise bewaffnete Personen eine private Kirmesfeier in Ballstädt überfallen und mehrere Menschen zum Teil schwer verletzt. Die fassungslos machenden Bilder des blutverschmierten und verwüsteten Saals, in dem die Feierlichkeit stattfand, gingen durch die Medien. Schließlich konnte die Staatsanwaltschaft Erfurt bisher 15 Tatverdächtige ermitteln und anklagen. Sämtliche Angeklagte sind dem extrem rechten Spektrum zuzuordnen.
„Für die Betroffenen, ihre Angehörigen und Freunde in Ballstädt ist eine Rückkehr der mutmaßlichen Täter an den Ort des schmerzlich erlebten Angriffs ein psychisch schwierig zu verarbeitender Zustand. Für sie bleibt der Angriff bis heute eine Zäsur in die bis dato friedliche Gemeinschaft vor Ort“, sagt Robert Friedrich von ezra. Das als rechte Immobilie bekannte, sogenannte „gelbe Haus“ in Ballstädt, in dem einige Angeklagte wohnen und wo bereits mehrfach Veranstaltungen mit rechtem Hintergrund stattfanden, ist für die Betroffenen zusätzlich eine permanente Belastung.
Daher rufen wir dazu auf, die Betroffenen und alle demokratischen Ballstädter*innen am 29. Juni zu unterstützen und aus Solidarität an der öffentlichen Ortsbegehung ab 10:30 Uhr am Gemeindezentrum teilzunehmen.
Im Anschluss daran wird es für Journalist*innen die Möglichkeit zum Gespräch mit Vertreter*innen der Nebenklage und ezra geben. Dabei wird sowohl der Ortstermin selbst als auch ein Zwischenfazit zum bisherigen Prozessverlauf Gegenstand des Gesprächs sein.
ezra arbeitet in Trägerschaft der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM). Seit April 2011 unterstützt die Beratungsstelle Menschen, die angegriffen werden, weil Täter sie einer von ihnen abgelehnten Personengruppe zuordnen. Finanziert wird die Opferberatungsstelle über das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ und das Thüringer Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit „Denk bunt“.