Im Prozess um die Neonazi Kampfsportgruppe „Knockout 51“ vor dem Jenaer Oberlandesgericht wurde gestern erneut deutlich, dass deren durch brutale Angriffe etablierten Angsträume im Gerichtssaal weiterwirken. So berichten Medien wie die „Thüringer Allgemeine“ am 18.09.23 von einem Einschüchterungsversuch eines Zeugen durch den Angeklagten K., mit dem Ziel eine Aussage vor Gericht zu verhindern sowie den Wunsch eines weiteren Zeugens, die Erinnerungen an den mit Angst und Panik verbundenen Angriff zu verdrängen.
„Aussagen vor Gericht sind für Betroffene und Zeug*innen grundsätzlich sehr belastend: Sie müssen sich erneut mit der Tat auseinandersetzen und treffen dabei direkt auf die Täter*innen. In diesem Verfahren sind verstärkend die Kontinuität und Brutalität der Angriffe durch Knockout51 hervorzuheben, wodurch sie eine extrem rechte Hegemonie in Eisenach etabliert haben“, erklärt Franz Zobel, Projektkoordinator von ezra, der Beratung für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt in Thüringen. Zeug*innen im sogenannten Knockout51-Prozess können sich an ezra wenden und Unterstützung erhalten. Zum Beispiel in dem sie zu ihren Aussagen von professionellen Berater*innen begleitet werden oder durch diese qualifizierte Rechtsanwält*innen vermittelt bekommen.
In den vergangenen Prozesstagen waren laut Medienberichten die Zeug*innen der direkten Konfrontation mit Unterstützer:innen aus dem extrem rechten Milieu, z. T. mit Verbindungen zur organisierten Kriminalität ausgesetzt, welche ihre Gesinnung durch einschlägige Kleidung sowie NS-Tätowierungen nach außen trugen. Zudem kam es wiederholt zu massiven verbalen Beleidigungen und Bedrohungen gegenüber Zuschauer*innen und Journalist*innen durch das Umfeld der angeklagten Neonazis.
„Wir appellieren an das Gericht, seiner Fürsorgepflicht nachzukommen und einen Zeug*innenschutz zu garantieren. Es kann außerdem nicht sein, dass der Rechtsstaat sehenden Auges zulässt, dass ein öffentlicher Prozess zum Tatort für rechte Angriffe wird. Zudem möchten wir geladene Zeug*innen ermutigen, sich bei uns zu melden“, erklärt Franz Zobel abschließend.
ezra arbeitet in Trägerschaft der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM). Seit April 2011 unterstützt die Beratungsstelle Menschen, die angegriffen werden, weil Täter*innen sie einer von ihnen abgelehnten Personengruppe zuordnen. Finanziert wird die Opferberatungsstelle über das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ und das Thüringer Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit „DenkBunt“.