Gestern, am 3.10.2022, mobilisierten verschiedene Akteur:innen der extremen Rechten in zahlreichen Städten in Thüringen zu Demonstrationen, die Ausgangspunkt für rechte, rassistische und antisemitische Hetze, Bedrohung und Gewalt waren. In Gera lag die Zahl der Teilnehmenden laut Polizei bei 10.000, worunter sich neben Vertreter:innen der extrem rechten Thüringer AfD auch eine Vielzahl von Neonazis befand. Es kam u.a. zu einem gezielten Flaschenwurf auf einen Pressevertreter, sowie zu versuchten Angriffen und zahlreichen Bedrohungen gegenüber Journalist:innen, Migrant:innen und Gegendemonstrant:innen. Auch in Heiligenstadt wurden Pressevertreter:innen körperlich angegriffen und mussten die Berichterstattung aus Sicherheitsgründen schließlich abbrechen.
Magdalena Willer, zuständige Beraterin für Gera bei ezra, fasst zusammen: „Während in Erfurt unter Hochsicherheitsbedingungen die Feierlichkeiten zum ‚Tag der Deutschen Einheit‘ begangen wurden, hatte in Gera der Zusammenschluss verschiedener extrem rechter Akteur:innen zur Folge, dass für Menschen, die nicht ins rechte Weltbild passen, ein Angstraum mitten in der Stadt entstanden ist. „
Gera ist seit Beginn der Corona-Proteste eine der zentralen Städte, aus der wie auch am gestrigen Tag kontinuierlich von Angriffen auf Pressevertreter:innen und aggressiven Versuchen, diese in der Ausübung der freien Pressearbeit zu behindern, berichtet wird. Die Demonstrationen am 3.10.2022 haben wiederholt gezeigt, welches Eskalationspotential von den rechten Akteur:innen ausgeht.
„Es ist nicht hinnehmbar, dass Angriffe auf Journalist:innen zu einer neuen Normalität werden. Dazu gehört auch, dass die Polizei ihre Verantwortung beim Schutz von Pressevertreter:innen wahrnehmen muss. Dies ist in Gera und auch in Heiligenstadt wiederholt nicht geschehen. Die Neonazi-Demonstration in Gera konnte streckenweise ohne Polizeibegleitung laufen, in Heiligenstadt war die Polizei unterbesetzt. Das zeigt ein eklatantes Verkennen der Gefahrenlage. Die Situation kann jederzeit weiter eskalieren, da ein aggressiver rechter Zusammenschluss von bürgerlicher Mitte bis zu extrem rechten Akteur:innen entstanden ist.“, warnt Magdalena Willer.
Es braucht kritische Berichterstattung vor Ort, um das Ausmaß extrem rechter Mobilisierung und deren Folgen sichtbar zu machen. Journalist:innen leisten dies aber in einer zunehmenden Bedrohungssituation. Sie werden immer öfter Zielscheibe rechtsextremer Angriffe, die Pressefreiheit ist dadurch gefährdet.
„Genauso braucht es solidarischen Protest, wie er gestern stattgefunden hat. Die polizeilichen Maßnahmen zielten dabei vermehrt auf die Gegendemonstrant:innen ab, sodass sich die Frage stellt, wen die Polizei als Bedrohung verortet. Wir danken allen Antifaschist:innen, die sich gestern auf Gegendemonstrationen den Neonazis in den Weg gestellt haben. „, betont Magdalena Willer abschließend.
ezra arbeitet in Trägerschaft der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM). Seit April 2011 unterstützt die Beratungsstelle Menschen, die angegriffen werden, weil Täter*innen sie einer von ihnen abgelehnten Personengruppe zuordnen. Finanziert wird die Opferberatungsstelle über das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ und das Thüringer Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit „DenkBunt“.